7 Fragen an… Bilal Edis

Wir machen weiter mit unserer Interview-Reihe „7 Fragen an…“. Unser heutiger Gesprächspartner ist Bilal Edis. Er ist 37 Jahre alt und in Köln geboren. Er ist Sohn eines Gewerkschafters (35 Jahre Betriebsrat) und hat von Kindesbeinen an alles interessiert mitverfolgt/ miterlebt. Seinen ersten Warnstreik hat er schon mit 6 Jahren. Das hat ihn sehr geprägt und inspiriert. Mein Vater gehörte auch zu den ersten Ausländerbeiräten (heute Integrationsräte) in Köln.

Nach seinem Abitur hat er Jura studiert. Er war seit Anfang der 90er Jahre in diversen Vereinen, Verbänden und Föderationen aktiv. Kommunale Gremien wie auch die Mitgliedschaft im Trägerkreis der Interkulturellen Wochen in Köln gehören heute zu seinen Engagements. Er ist Vorstandsvorsitzender der Lobby-Gruppe CN – Circassian Network. Und er ist überzeugter und engagierter Grüner.

AggroMigrant.com: Wie würdest Du Dich beschreiben?

Bilal Edis: Ich beschreibe mich eher ungern, daher habe ich Freunde gebeten die Frage für mich zu übernehmen:

  • „..du bist geduldig und gleichzeitig risikotolerant, kannst Risiken richtig einschätzen, Situationen in ihre Zusammenhänge einordnen, du hast ein gutes Verständnis für Logik, bist diszipliniert…“  Bilgehan Yildiz – Pressereferentin
  • „…du bist ehrgeizig… jedoch Mensch genug deine Ziele fair zu erreichen. Du bist modern, aufgeschlossen und souverän…“ Sema Blaschke – Sozialarbeiterin.
  • „Vertrauen ist für dich das A und O in jeder zwischenmenschlichen Beziehung…  Du bist ein dankbarer Mensch… Gerechtigkeit ist für dich wichtig…“ S. Y. Demir – Unternehmer
  • „Humorvoll, realistisch, überzeugend… zukunfts- und ergebnisorientiert … und skeptisch“ Ayse Özdemir – Grüne Bielefeld

Bist Du eher Deutsch oder Türkisch?

Habe einen doppelten Migrationshintergrund. Ich bin Deutsch-Türke mit Tscherkessischen Wurzeln. Dieser Mischung verdanke ich meine multikulturelle Seele.  Dies wirkt sich auch auf meine Geschäftstätigkeiten und mein politisches Engagement aus. Ich handle mit der deutschen Disziplin, generiere Energie aus der türkischen Gelassenheit. Meinen unbeugsamen Willen verdanke ich meinem tscherkessischen Ursprung.

Was macht Dich in Deutschland richtig aggro?

Mich macht aggro, dass z.B. viele geborene Deutsche kein Verständnis aufbringen konnten, dass
Migranten bei der WM deutsche Fahnen geschwungen haben. Besonders aggro macht mich, der in
Deutschland grassierende „Weiße Rassismus“. Diese Form von Rassismus ist verbreiteter als der nationale Rassismus. Dies zeigt sich in diffamierenden Aussagen wie „Für einen Türken hat er aber viel geschafft!“ Auch wird immer noch die Bedeutung der türkischen Sprache ausgeblendet und diese als vollwertige Sprache verkannt.

Was bedeutet für Dich Integration?

Unter dem Begriff „Integration“ verstehen oder erwarten viele Menschen die unterschiedlichsten Dinge.  Soziologisch betrachtet soll die Integration den Zustand der Exklusion und der Separation aufheben.  Integration beschreibt einen dynamischen, langwierigen Prozess des Zusammenfügens und Zusammenwachsens.  In der Praxis soll es bedeuten, dass Bürger mit Migrationshintergrund ein Teil der Gesellschaft werden sollen, ohne ihren kulturellen Hintergrund aufgeben zu müssen.
Hierfür finde ich allerdings den Begriff „Integration“ als leicht abwegig, weil viele Menschen mit Migrationshintergrund  in  die deutsche Gesellschaft hineingeboren werden und keine andere kennen, aus der sie in diese hineinintegriert werden müssten.  Und genau hier ist eine glaubwürdige Migrationspolitik gefragt.

Worin liegen dabei die Fehler von Migranten und/oder Deutschen?

Hier ist Kommunikationsarbeit gefragt. Man sollte sich nicht auf die Unterschiede, sondern auf Gemeinsamkeiten konzentrieren.  Gegenseitiges Verständnis und ein respektvolleres Miteinander sind die Basis für eine harmonische Gesellschaft. Beidseitig sollte dies angestrebt werden.

Was empfiehlst Du Migranten?

Migranten müssen viel aktiver werden und am öffentlichen Leben partizipieren. Dies bedeutet u.a. sich auch politisch zu engagieren und Endscheidungsprozesse mit zu beeinflussen. Eine gute Ausbildung ist hier ebenfalls von großer Bedeutung. Dieser Apell gilt insbesondere unseren Jugendlichen mit Migrationshintergrund.

Wie siehst Du die Zukunft von Deutschland?

Ich bin guter Dinge. Die Politik und die Gesellschaft haben den richtigen Weg eingeschlagen.
Die Vielfältigkeit findet immer mehr Akzeptanz und spiegelt sich zunehmend im öffentlichen Leben wider. Ein signifikantes Beispiel hierfür ist die Multi-Kulti-Fußball-Nationalmannschaft.  Die Erfolgsformel lautet hier „Wertschöpfung durch Wertschätzung“.

Vielen Dank für das Interview, Bilal.

11 thoughts on “7 Fragen an… Bilal Edis

  1. Ein signifikantes Beispiel hierfür ist die Multi-Kulti-Fußball-Nationalmannschaft?
    Das ist doch wohl ein Witz. Aber ansonsten hatte er mit allem Recht. Schönes Interview 🙂

  2. Vielen Dank für das informative Interview… ich finde den weissen Rassismuss auch unangenehmer, denn er kann hinter jedem Menschen stecken, auch wenn man nicht damit rechnet. İch verstehe auch nicht, warum manch Deutscher nach wie vor so überrascht ist, wenn aus Türken doch „was geworden“ ist oder gar Migrantenkinder auf Gymnasien gehen… seufz… wird sich das je aendern??

    PS: Der Nachname ist ja Zufall … fand ich witzig, da er ja nicht sooooo oft ist.

  3. Was hat er denn jetzt gesagt, was nicht jeder andere Politiker mit sog. Migrationshintergrund auch sagt? Standardsprüche, die man schon auswendig kennt.

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